Chronisches Nierenversagen und Trofu-Dreck

Chronisches Nierenversagen (chronic renal failure, CRF) ist eine der häufigsten, wenn nicht die häufigste Erkrankung (und Todesursache) bei älteren Katzen.

Soweit wir es überblicken, drückt sich die Veterinärmedizin immer noch darum, die augenfälligste und wahrscheinlichste Ursache für chronisches Nierenversagen klar zu benennen: die Ernährung mit Trockenfutter. Das dürfte vor allem am starken Einfluss der Tierfutterindustrie auf die Veterinärmedizin liegen. Die Branche sponsert Kongresse, finanziert Projekte und ganze Lehrstühle, usw.

Vereinzelt aber gibt es doch Stimmen der Vernunft. Auf der diesjährigen Tagung des Weltverbands der Kleintierärzte referierte ein neuseeländischer Veterinär mit dem schönen Namen Nick Cave über die Bedeutung des Wassers im tierlichen Organismus und, man siehe und staune, über Feuchtfutter vs Trockenfutter („Water – the forgotten nutrient“; „Wasser – der vergessene Nährstoff“, Proceedings WSAVA 2013).

Selbst wenn Trofu-Katzen oder -Hunde viel Wasser konsumieren, so Cave, ist ihr physiologischer Zustand anders als bei Tieren, die nur Feuchtfutter erhalten. Die Trofu-Tiere befinden sich in einem Zustand milder Austrocknung, bis sie nach ihrer Trofu-Mahlzeit genügend Wasser aufgenommen haben. Weil sie nicht direkt nach der Mahlzeit das Flüssigkeitsdefizit ausgleichen können, sondern erst nach und nach, sind sie die meiste Zeit dehydriert. Dabei wird laut Cave vermehrt das Hormon ADH ausgeschüttet (es reguliert die Rückgewinnung von Wasser aus dem Harn). Je größer das Flüssigkeitsdefizit, desto konzentrierter der Harn und desto stärker die Belastung der Nieren. Cave vermutet, dass die permanent erhöhte ADH-Ausschüttung ihren Preis fordert. Es seien dringend Studien nötig, in denen die Rolle des Feuchtigkeitsgehalts der Nahrung bei verschiedenen Krankheiten untersucht wird, vor allem beim chronischen Nierenversagen.

Tja, aber wer würde solche Studien bezahlen? Die Trofu-Hersteller ganz gewiss nicht.

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Besonders pervers erscheint es, CRF-Katzen dann auch noch mit dem (zudem krass überteuerten) Diät-Trofudreck zu füttern.

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Eine sehr gute Zusammenfassung zum Thema CRF findet sich auf feline-nutrition.org (in englischer Sprache). Die US-Veterinärin Elisa Katz (auch ein schöner Name) zählt als Ursachen für Nierenerkrankungen auf:

– Erbkrankheiten (zB PKD bei Perserkatzen), Gifte, Bluthochdruck infolge von Hyperthyreose

– chronische bakterielle Entzündungen der Maulhöhle; die Erreger können mit der Zeit diverse innere Organe schädigen; aus unserer Sicht das zweitschlimmste Übel und ebenfalls eine Folge der nicht artgerechten Fütterung

– und natürlich Trofu; unseres Erachtens das Hauptübel

Austrocknung führt laut Katz dazu, dass die Nieren den Harn konzentrieren, um den Wasserhaushalt des Organismus auszugleichen. Die verstärkte Konzentration des Harns prädisponiere die Katzen zu Nierenschäden.

Trofu sei seit etwa 70 Jahren am Markt, so die Autorin. Seither seien Allergien, Harnwegsprobleme, Verdauungsprobleme und Nierenerkrankungen bei Katzen sämtlich häufiger geworden. Das liege zum Teil an verbesserter Diagnostik und der gestiegenen Lebenserwartung, „aber es ist meine Überzeugung als Tierärztin, dass die verbreitete Trofu-Fütterung eine bedeutende Rolle spielt“.

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Und nun wurde das endlich auf einer internationalen Tierarzt-Tagung ausgesprochen.

Trotzdem: Es wird wahrscheinlich noch Jahrzehnte dauern, bis die Trofu-Ernährung in der Veterinärmedizin so verpönt wird, wie sie es verdient.

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