Im Januar ging eine Studie von Wissenschaftlern der Universität Utrecht durch die Medien, wonach Frost-Rohfutter für Katzen und Hunde von kommerziellen Anbietern in den Niederlanden zu einem hohen Anteil mit gefährlichen Bakterien und Parasiten belastet ist.
Die Geschichte wurde ungewöhnlich weit verbreitet. Solche Studien erscheinen so ziemlich jedes Jahr, in Europa, den USA usw., ohne viel Aufsehen zu erregen. Die Uni Utrecht muss also für diese Glanzleistung besonders viel PR gemacht haben.
In der Studie aus Utrecht wurde nur untersucht, welche Keime usw. im Fertig-Rohfutter vorkamen. Es wurde nicht untersucht, ob Menschen sich beim Hantieren mit dem Frostfutter infiziert haben oder ob rohgefütterte Haustiere diese Keime ausscheiden.
Deutlich vernünftiger angelegt war eine Studie von Wissenschaftlern aus Helsinki (Fredriksson-Ahomaa et al. 2017, Volltext online zugänglich).
Sie haben nämlich untersucht, welche Keime in kommerziellem Frost-Rohfutter vorkommen und welche Keime tatsächlich ausgeschieden werden von rohgefütterten und von trofu-gefütterten Hunden.
Interessanterweise scheinen in der finnischen „Nutztier“-Haltung nicht so katastrophale Zustände zu herrschen wie etwa in den USA und Kanada (sowie NL und D), weshalb sie bei Salmonellen praktisch nicht fündig wurden.
Besonders löblich: Die finnischen Forscher erwähnen in ihrem Paper, dass mehrere Salmonellenausbrüche bei Menschen nachweislich durch kontaminiertes Trockenfutter verursacht wurden.
Zu den vielen (Online-) Medien, die die PR-Mitteilung aufgegriffen haben, gehört auch der britische „Guardian“.
Eigentlich eine ganz gute Zeitung, aber bei manchen Themen genauso treudoof und recherchefaul wie der Rest.
Wer über Keime im Rohfutter schreibt, sollte gefälligst auch Keime, Gifte usw. im Industriefutter erwähnen.
Der Artikel ist dümmlich und einseitig, schön sind aber die Leserkommentare.
Hier ein paar Auszüge (Übers. MP):
„Ich kann dazu nur sagen: Die chronische Darmentzündung meiner Katze ist vollkommen geheilt, seit ich sie auf Rohernährung umgestellt habe. Das geschah auf Anraten eines aufgeschlossenen Tierarztes, der mir auch gesagt hat, dass die Tierfutterindustrie wegen der Rohfütterung richtig Panik schiebt.“
„Keime und Parasiten in Rohfutter können also eine Gefahr für Haustiere und Menschen darstellen. Das ist aber doch nichts Neues, oder? Salmonellen in Trockenfutter bedeuten wahrscheinlich ein höheres Risiko für Menschen – die meisten achten bei rohem Fleisch auf die Hygiene, aber nur wenige machen sich Gedanken, wenn sie mit Trockenfutter hantieren.“
„Wie wäre es denn mal mit einem Artikel darüber, wie man Hunde und Katzen sicher und preiswert mit unverarbeiteten Zutaten ernährt? Das wäre wirklich nützlich!“
„Nach anderthalb Jahren Gewichtsverlust, Biopsien, Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren, unzähligen Medikamenten und Vitaminspritzen fing mein Kater, der an chronischer Darmentzündung leidet, mit Rohernährung an, gesund zu werden. Kein Frost-Rohfutter, sondern Putenhack und Herzen vom Supermarkt, plus Supplement. Ich habe das Kortison und andere Medikamente ausgeschlichen und binnen Wochen den Unterschied gesehen. Er hat seit Juni 2017 ein Kilo zugenommen, sein Fell ist wieder seidig, und er ist wieder so verspielt wie als Kätzchen.“
„Wenn das Risiko wirklich so hoch ist, dann müssten wir Hunderte Fälle von Menschen und Haustieren sehen, die davon krank werden, denn es gibt Millionen Leute, die roh füttern. Sehen wir aber nicht. Statt dessen betreffen fast alle dokumentierten Fälle von Salmonellenvergiftung Haustiere, die mit Industriefutter gefüttert wurden! Den Tierfutterherstellern gefällt es nicht, dass sie wegen Rohernährung Umsatz verlieren und dass sie ihr Futter verbessern müssen, weil die Leute mitkriegen, was für einen Mist sie ihren Tieren geben. Solange nicht ein großer Futterhersteller selbst anfängt, Rohfutter zu produzieren, werden wir weiterhin mit vorurteilsbehafteten unwissenschaftlichen Studien über die ‚Gefahren‘ durch Rohernährung zugeschüttet.“
„Oh bitte. Diese Dinger, E. coli und Salmonellen, sind alle im Trofu, vielleicht sollte man das mal testen. Ich habe die Nase voll von derartigen Artikeln.“
„Rohernährung war das einzige, das die schwere chronische Darmentzündung meiner Katze geheilt hat. Sie bekommt das jetzt seit einem Jahr, und ihre Gesundheit hat sich beträchtlich verbessert, sie ist symptomfrei. Sie bekam zuvor teures Prescription-Futter vom Tierarzt, das hat ihre Symptome nur verschlimmert. Rohernährung war für mich und meine Katze absolut ein Geschenk des Himmels.“
„Ich frage mich wirklich, wie jemand glauben kann, dass ein braungebackenes trockenes Körnchen gesund sein kann oder dass man seinen Hund für 50 Pence am Tag mit allen notwendigen Nährstoffen versorgen kann. Es zeigt nur, wie schlecht die Tierärzte ausgebildet sind, wenn sie diesen Dreck verkaufen, und es zeigt, wie dumm und leichtgläubig die Menschen sind, wenn sie es kaufen. Es wirft außerdem die Frage auf, wie kompetent Tierärzte Hunde behandeln können, wenn sie ihr eigenes Marketing glauben.“
„Mein Kater wird roh ernährt, weil er mit dem hochverarbeiteten Mist, den sie als Katzenfutter verkaufen, nicht zurecht kommt. Als Tierschutz-Kätzchen siechte er dahin mit dem ganzen Diätfutter, das er ein Dutzend mal am Tag in flüssiger Form wieder ausschied. Ich stellte ihn auf Rohfütterung um, und nach vier Tagen waren die Probleme beseitigt. Als vier Monate altes Kätzchen war er untergewichtig, schwach, lethargisch und hatte stumpfes Fell. Er ist immer noch etwas geschädigt (Mangelernährung in den ersten vier Lebensmonaten), hat aber schönes Fell und viel Energie. Meine Tierärzte unterstützen das, und ich würde ihm niemals wieder Fertigfutter geben.“
PS: In den Leserkommentaren wurde auch die Frage diskutiert, ob die niederländische Studie von Industriefutterherstellern finanziert wurde. Im Paper heißt es, Teile der Studie seien durch eine Stiftung finanziert worden. Stiftungen werden gern genutzt, um Zahlungen zu verschleiern. Unternehmen zahlen in dem Fall nicht direkt an die Wissenschaftler oder die Universität, sondern an die Stiftung. Außerdem: Die Veterinärfakultäten sind alle hochgradig mit der Tierfutterindustrie verfilzt, die produzieren auch ohne Extra-Bezahlung Studienergebnisse, die den Unternehmen gefallen.
PS: Inzwischen wird deutlich, warum der „Guardian“ über Rohernährung von Haustieren so einseitig berichtet. Das Blatt veröffentlicht in seiner Online-Version „paid content“ (Larifari-Geschichten rund ums Haustier), bezahlt von Royal Canin. Alles klar.
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