Buchempfehlung: Hans-Ulrich Grimm, „Katzen würden Mäuse kaufen“




Wer in diesem Blog liest, wird öfters auf die Wörter Futterdreck oder Industriefutterdreck stoßen. 

Wir benutzen sie nicht deshalb, weil wir eine Vorliebe für derbe Sprache hätten, sondern weil sie das Industriefutter zutreffend beschreiben. 

Nachlesen kann man das in Hans-Ulrich Grimms „Katzen würde Mäuse kaufen“, das seit dem vorigen Jahr in erweiterter und aktualisierter Ausgabe vorliegt. 





Es ist kein Ratgeber zu Katzenernährung, sondern eine weit ausholende – und leider auch oft ab- und ausschweifende – Beschreibung der Zustände in der Branche, die Futter für Heimtiere und „Nutz“-Tiere produziert. Mit Dreck gefüttert werden nicht nur Katzen und Hunde, sondern auch die Tiere, deren Fleisch, Milch und Eier wir konsumieren. 

„Die Tierfutterbranche hat über all die Jahre, da sie weitgehend unbeobachtet und nach ihren eigenen Gesetzen wursteln konnte, das Gespür dafür verloren, was anständig ist und was anrüchig“, schreibt Grimm. 

Wer im Supermarkt oder Heimtierfuttermarkt zu den Dosen und Tüten greift, der kauft – und zwar für teures Geld – Fleischabfälle, Fettabfälle sowie „Häute, Hufe und Hörner, Haare und Pelze, Schweineborsten und Federn, auch Eierschalen“. 

(Wobei Eierschalen als Kalziumquelle nicht per se zu beanstanden sind.) 

Eben alles, was entsorgt werden muss. Bei den Rohstoffen „handelt es sich in den meisten Fällen um: Müll. Müll aus allen nur denkbaren Quellen“. 

Anders gesagt: „Müllverwertung auf hohem Niveau“

Das ist nicht nur über kurz oder lang gesundheitsschädlich, es ist auch immer wieder akut tödlich. Dioxin und Melamin in Katzen- und Hundefutter sind die spektakulärsten Beispiele. Dazu wäre noch der aktuelle Skandal in den USA mit tödlichen Konzentrationen des Euthanasiemittels Pentobarbital in Hundefutter zu nennen. Übrigens gar kein neues Problem: Das Gift wurde in den USA schon früher in vielen Futterproben gefunden. 

Gelangen eingeschläferte oder sonstwie zu Tode gekommene Katzen und Hunde tatsächlich ins Futter für den eigenen Vierbeiner, oder ist das nur ein Gerücht? Mindestens einmal wurde Genmaterial von Hunden auch in Europa bei einem Rohstofflieferanten festgestellt (2013 in Spanien). Der Betrieb war schon zuvor mit Gesetzesverstößen aufgefallen, für die er mit ganzen 1500 Euro hatte büßen müssen. Eine direkte Ermunterung, weiterzumachen wie bisher.

Wer immer noch glaubt, dass man Katzen ruhig mit Trockenfutter „ernähren“ kann, kann sich ab Seite 155 über das „Kohlenhydrat-Debakel“ aufklären lassen. Und dann weiterlesen, wie der Abfall in den Tüten und Dosen mit Aromen aufgepeppt wird oder warum Soja alles andere als gesund ist, aber nach EU-Futtermittelrecht nicht einmal auf dem Etikett stehen muss.  

Warum aber haben wir in der Tierfutterbranche derart üble Zustände? Weil der Staat ungenügend reguliert und kontrolliert und den Unternehmen im Grunde freie Hand lässt.

Doch nicht nur deshalb. Und so kommen wir zu dem Kapitel in Grimms Buch, das uns schon in der ersten Ausgabe am besten gefallen hat, nämlich das Kapitel über die innige Verbindung zwischen Futterkonzernen, Tierernährungskunde und Tierärzteschaft („Papageien und Knechte“, Seite 171 ff.).

Unabhängige Forschung zu Tierernährung finde nicht statt, stellt der Autor fest. Was an Forschung zu Haustierernährung veröffentlicht wird, stammt meist von Herstellern. Lehrbücher oder Handbücher für Tierärzte/innen werden im Auftrag von Mars, Iams und Co. verfasst und verbreitet. „Selbst die Universitäten machen sich die Anliegen und Botschaften der Futterkonzerne zu eigen.“ Kein anderes Fach habe sich derart in Abhängigkeit von den Konzernen begeben wie die Fressnapf-Fakultät, in keinem anderen seien die wissenschaftlichen Aussagen so industriefromm wie hier. 

So fügt sich alles aufs schönste zu einer Win-win-win-Situation: Die Hersteller bekommen für ihren Dreck den Segen der Wissenschaft, die Hochschulveterinäre verschaffen sich zusätzliche Einkünfte und Forschungsmittel, und die praktischen Tierärzte verdienen auskömmlich an Krankheiten, die mit artgerechter Ernährung gar nicht erst entstanden wären.

Fazit: ein lesenswertes, sehr informatives Buch. 

Das aber besser sein könnte, wenn es stärker auf sein Thema konzentriert wäre. Und: Nervig die Unsitte des Autors, immer wieder Hinweise auf seine anderen Bücher einzustreuen („Siehe Hans-Ulrich Grimm, XYZ“, „siehe Hans-Ulrich Grimm, YZX“, „siehe Hans-Ulrich Grimm, ZXY“). 

Hans-Ulrich Grimm, „Katzen würden Mäuse kaufen“. Erweiterte und aktualisierte Ausgabe, München 2016, Verlag Droemer Knaur, Taschenbuch, 315 Seiten, 9,90 Euro


©trockenfutter-katzen.blogspot.de/









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